Wie finde ich den richtigen Selfpublishing-Anbieter?

Die wichtigsten Kriterien für die passende Veröffentlichung

 

Liebe (angehende) Fachbuchautoren, mit der zunehmenden Nachfrage nach einer Buchveröffentlichung via Selfpublishing ist auch die Zahl der Anbieter gestiegen. Das ist einerseits großartig, weil wir nun individueller entscheiden können, mit wem wir zusammenarbeiten wollen. Andererseits erschwert es aber auch die Entscheidung, welchem Anbieter wir das Ergebnis unserer Arbeit anvertrauen wollen. Höchste Zeit für einen kleinen Ratgeber zu den wichtigsten Kriterien und Entscheidungshilfen.

 

Disclaimer: Es gibt keine pauschal richtige Antwort auf die Frage nach dem besten Publisher. Es geht hier nicht um die Unterscheidung gut-schlecht oder professionell-amateurhaft, sondern vielmehr um eine realistische Einschätzung, dessen was du brauchst und was du erreichen möchtest.

 

Gewinn & Gebühren

Die Preisstrukturen der Anbieter unterscheiden sich stark, was daran liegt, dass jeder Anbieter ein anderes Konzept verfolgt und unterschiedliche Möglichkeiten durch sein Netzwerk hat. Es gilt dabei, nicht nur dem Gewinn die Gebühren gegenüberzustellen, sondern auch diese mit Blick auf Veröffentlichung und Vertriebskanäle zu betrachten. Diese vier Faktoren beeinflussen einander enorm und bestimmen vorrangig, ob du als Gewinner oder Verlierer aus der Buchveröffentlichung hervorgehst.

Eine Beispielrechnung: Du möchtest ein Taschenbuch für 9,90 € auf den Markt bringen. Ein Publisher bietet dir nun 50 Prozent Gewinnbeteiligung bei einmaligen Veröffentlichungsgebühren von 150 € an. Das klingt zunächst nicht schlecht. Du stellst dann vermutlich folgende Rechnung an:

Geplanter Verkaufspreis: 9,90 €
Gewinn pro Exemplar: 4,95 €
Gebühren: 150 €

150 € : 4,95 € = 30,3 Stk.
Exemplare, um Kosten zu decken: 30 Stk.

30 Exemplare hast du schnell verkauft und ab dem 31. verkauften Exemplar machst du nur noch Gewinn! Du fühlst dich siegessicher. Doch jetzt kommt der Haken, den du beinahe überlesen hättest: Der Publisher bietet nur einen Vertrieb über seinen Onlineshop an. Auch wenn du Freiexemplare zum Verschenken und Verkaufen bei Lesungen etc. bekommen möchtest, musst du in Vorkasse gehen und den gesamten Buchpreis (und damit auch deinen Anteil) bezahlen. Damit liegt ein Großteil des Marketing- und Vertriebsaufwandes bei dir und du fragst dich, wofür du 50 Prozent des Gewinns abgeben musst. Plötzlich erscheint dir das Angebot doch nicht mehr so lukrativ, oder? Ich habe in dem Beispiel natürlich übertrieben und Konditionen erfunden. Doch was ich dir damit zeigen möchte:

Gib nicht deiner Gier nach. Natürlich ist es verlockend, wenn ein Anbieter dir bis zu 20 Prozent Gewinnbeteiligung ab 10.000 verkauften Exemplaren vorschlägt. Die Betonung liegt aber auf ab 10.000 verkauften Exemplaren – diese 10.000 Bücher musst du also erst mal verkaufen. Sieh dir vorher mal die durchschnittlichen Verkaufszahlen des Buchhandels in deinem Bereich an, um realistisch einzuschätzen, wie sich dein Buch verkaufen wird. Gerade wenn du am Anfang deiner schriftstellerischen Karriere stehst, solltest du deine Erwartungen und Chancen eher moderat ansetzen. Nimm dir also Zeit, mehrere Szenarien durchzuspielen, zu vergleichen und die mögliche Gewinnbeteiligung den Gesamtgebühren sowie der Vertriebsreichweite und dem Aufwand für dich dabei gegenüberzustellen.

 

Veröffentlichung & Vertrieb

Hier verfallen frische Fachbuchautoren häufig in ein Schwarzweißdenken, denn sie haben nur Print oder digital? im Kopf. Doch es stellen sich noch wesentlich mehr Fragen als nur, ob deine Worte auf Papier oder dem Bildschirm gelesen werden. Ein entscheidender Faktor über das Medium hinaus ist die Anbindung an den stationären Buchhandel und dessen Vertriebsstrukturen über Groß- und Zwischenhändler. Nur wenn dein Buch also in dem Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) auftaucht, kann es ein Kunde im Buchladen oder in dem Onlineshop eines Buchhändlers bestellen. Diesen Umstand haben viele angehende Autoren nicht auf dem Schirm oder gehen schlicht davon aus, dass die Anbindung automatisch geschieht. Doch dem ist nicht so und die verpasste „offizielle“ Veröffentlichung wird zu einer bitteren Pille.

Allerdings legen auch nicht alle Fachbuchautoren darauf Wert. Wem lediglich wichtig ist, dass das Buch online bestellbar ist, es aber ansonsten bei seinen Seminaren und Keynotes vertreibt, der ist nicht auf das Vertriebsnetzwerk des stationären Buchhandels angewiesen. Bei einer Veröffentlichung geht es also einmal um die Veröffentlichungsform und einmal um die Veröffentlichungsreichweite. Für die richtige Auswahl von beidem solltest du wissen, wo und wie deine Leser ihren Lesestoff konsumieren.

Veröffentlichungsform

Bei der Form solltest du dich nicht nur zwischen Print und Digital entscheiden, sondern dir auch überlegen: Wenn Print, dann nur Taschenbuch oder Hardcover? Hardcover vielleicht mit Umschlag? – Denn du kannst bei einem Hardcover noch eine Reihe Extras hinzufügen, um deinen Lesern ein besonderes Erlebnis zu bieten. Das für dich passende Format hängt dabei von deinen Lesern und ihrem Leseverhalten ab. Bei der digitalen Veröffentlichung musst du insgesamt weniger Punkte bedenken, auf jeden Fall aber solltest du darauf achten, dass dein Buch im epub-Format herausgegeben wird – das ist das gängige Format für E-Book Reader.

Veröffentlichungsreichweite

Welche Reichweite du brauchst und ab wann es nur ein Nice-to-Have ist, hängt von deinem Buch und deinem Ziel damit ab. Nicht jeder braucht die Anbindung an den stationären Buchhandel, sondern der Vertrieb über den Onlineshop von Amazon oder Thalia reicht ihnen, weil ihre Leser ohnehin vorrangig online bestellen. Diejenigen, die ein Buch mehr für private Zwecke geschrieben haben oder es ausschließlich selbst vermarkten, brauchen womöglich noch nicht mal einen Onlineshop, sondern eine kostengünstige Druckerei mit Lieferung deckt ihren Bedarf.

Je nach Kombination von Veröffentlichungsplattform und Format, für das du dich entscheidest, ergeben sich unterschiedliche Reichweiten. Publisher, die sich auf die Herstellung und den Vertrieb von E-Books spezialisiert haben, wie BookRix oder Neobooks, bedienen eine andere Klientel als Amazon. Das ist als Plattform breit aufgestellt und bietet auch Printmöglichkeiten an, wodurch du natürlich mehr Menschen theoretisch erreichen kannst, dafür zahlt  Amazon aber im Zweifel geringere Margen. Bedenke dabei auch, dass die Vertriebskanäle das eine sind, die Werbung für dein Fachbuches das andere. Somit solltest du auch dein Marketingvorgehen in die Überlegung einbeziehen.

 

Buchproduktion & Marketing

Nur aus einem professionell umgesetzten Manuskript wird später ein erfolgreiches Buch. Das heißt zum einen, das dein Manuskript sämtliche Schritte der Buchproduktion durchlaufen haben sollte – Lektorat, Redaktion, Formatierung und Satz sowie Covergestaltung – und zum anderen, dass du dir für alle Aufgaben, die du nicht gut genug beherrschst, Unterstützung holen solltest. Wenn es um Zusatzservices geht, übertreffen sich viele Anbieter gegenseitig, da sie hiermit die Autoren kräftig zur Kasse bitten können. Denn natürlich bezahlst du all diese Services extra. Mach dir also klar, dass die Veröffentlichung nur der letzte Schritt ist und du alle Services in die Gesamtrechnung einbeziehen solltest, wenn du Gewinn und Gebühren bei den einzelnen Anbietern vergleichst.

Besonderes Augenmerk solltest du auf die Unterstützung beim Marketing legen. Welche Möglichkeiten stellt der Publisher hier zur Verfügung? Wie ist die Reichweite seiner Maßnahmen? Beschränkt sie sich auf Anzeigen im eigenen Onlineshop? Oder bieten sie dir womöglich keine Unterstützung durch Maßnahmen, aber kostenlose Tipps zum Vorgehen an? – Demgegenüber solltest du deinen eigenen Marketingplan, dein -budget und deine Kapazitäten einschätzen und dich fragen, welche Art Unterstützung du brauchst.

 

Urheberrechte & Vertragliches

Wie bei jedem Vertrag und jeder Unterschrift, die du leisten musst, gilt auch hier: Schau zuerst ins Kleingedruckte. Hier ist das Kleingedruckte die Frage, was mit deinem Urheberrecht passiert. Klingt einfach, hat aber seine Untiefen, da es mehr als nur eine Verwertungsart im Medienzirkus gibt und somit auch verschiedene Verwertungsrechte. Schau genau hin, welche du abgibst. Außerdem ist relevant, wie lange du an diesen Vertrag gebunden bist sowie umgekehrt, wie lange der Anbieter sich an diese Regeln halten muss. Auch die Frage, was passiert, wenn ein Verlag auf dich aufmerksam wird und die Rechte an deinem Buch haben will, solltest du in dem Zusammenhang stellen.

 

Entscheidungshilfen beim Selfpublishing

Folgende Tipps möchte ich dir für deine Recherche der Selfpublishing-Anbieter auf den Weg geben:

Lege Schwerpunkte fest.

Überlege dir, welcher Faktor am wichtigsten ist und was für dich mindestens erfüllt sein muss. Umgekehrt kannst du genauso No-Gos festlegen. Stell wenn möglich eine Reihenfolge der hier genannten Faktoren für dich auf, um im Zweifel klar entscheiden zu können, was wichtiger ist. In jedem Fall solltest du nicht alle Kriterien und Unterpunkte als gleichwertig betrachten, sonst wirst du dich kaum entscheiden können.

 

Klicke dich durch die Website bzw. die Plattform.

Wie du dich auf der Homepage zurecht findest und die Bedienung der relevanten Tools verstehst, spielt durchaus eine Rolle. Es bestimmt deinen Workflow. Gerätst du hier immer wieder ins Stocken, weil die Navigation durch die Menüs nicht verstehst, Links nicht funktionieren, Drop-Down-Menüs nicht die gewünschte Auswahl anzeigen und was hier sonst alles noch schief gehen kann, ist der Anbieter womöglich nichts für dich, weil eure Arbeitsweise nicht harmoniert.

 

Stelle deine Erwartungen klar.

Wie professionell willst du auftreten? Was ist dir wichtiger: Gewinn oder Reichweite? Wen willst du mit deinem Buch erreichen? Welchem Zweck oder Anlass soll dein Buch dienen? Hast du eine Familienchronik für die zukünftigen Enkel und Urenkel geschrieben, brauchst du vielleicht nur eine Druckerei, aber keinen Publisher. Willst du dein Buch nur als Marketingwerkzeug einsetzen, reicht womöglich eine Veröffentlichung als E-Book. Willst du dagegen Give-Aways für deine Seminare produzieren, empfiehlt sich eine Printveröffentlichung mit der Option auf viele Eigenexemplare. So kannst du dein Buch auf deinen Seminaren einerseits verschenken und andererseits potenzielle Kunden dein Buch ganz normal über einen Onlineshop kaufen.

 

Finde heraus, wer deine Leser sind.

Diese Recherche solltest du idealerweise schon beim Schreiben deines Buches unternommen haben, spätestens jetzt kostet dich eine Unkenntnis deiner Leser jedoch unnötig Geld. Mach dir also klar, wo du sie erreichst, wie viel, wie und wo sie lesen oder sich vielleicht auch vorlesen lassen. Erstelle Personas deiner Leser, um herauszufinden, wie du sie ansprechen kannst. Wie das geht erfährst du hier: Wichtige Partner beim Schreiben: Personas.

 

Fazit

Wer sein Buch selbst veröffentlichen möchte, muss sich inzwischen durch einen Dschungel verschiedener Anbieter und Preispakete schlagen. Um dem Dickicht Herr oder Frau zu werden, achte zunächst mehr darauf, was es dich kostet, als was du damit verdienst. Überprüfe, welche Veröffentlichungswege und welche Vertriebswege dir der Anbieter ermöglicht. Rechne den Gesamtpreis der Veröffentlichung aus, inklusive aller Zusatzleistungen, die du dazubuchen möchtest, und kalkuliere, ob sich das für dich lohnt. Von welchen zusätzlichen Services wie Unterstützung beim Marketing kannst du überhaupt beim jeweiligen Anbieter profitieren? Und nicht zuletzt: Welche rechtlichen Fesseln legt dir der Anbieter an? Welchen Vertragsbedingungen stimmst du zu und für wie lange bist du daran gebunden? Wenn du all diese Punkte bedenkst, kann schon nicht mehr so viel schief gehen. Im Zweifel wünsche ich dir stets Mut zur Lücke.

Im nächsten Beitrag machen wir uns dann daran, die Landschaft der neuen Selfpublishing-Anbieter zu kartografieren und die Anbieter in den oben genannten Kriterien gegenüberzustellen.

Wenn du bei der Suche nach dem richtigen Selfpublishing-Anbieter Unterstützung brauchst,, bin ich nur einen Button entfernt:

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