Was bringt dir ein Lektorat?
Über Mythen und falsche Erwartungen zum Lektorat
Willkommen (angehende) Fachbuchautoren! Sicher hat der ein oder andere sich auch schon diese Frage gestellt: Was bringt mir ein Lektorat? Denn was ein Lektorat ist und wie es abläuft, ist eine Sache (siehe Wie läuft ein Lektorat ab?). Wie ihr davon profitiert, eine andere.
Textmanagement statt Optimierung
Viele (angehende) Autoren fragen sich das, denn: Macht so was nicht der Verlag? – Ein klares Jein! Natürlich schauen auch die Mitarbeiter des Verlags über dein Skript, merken notwendige Überarbeitungen an oder stellen Fragen zu Passagen. Dabei geht es aber weniger um eine stilistische oder inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Text, sondern um Anmerkungen und Fragen hinsichtlich des Drucks, der Rechte oder eines inhaltlichen Konzepts, das der Verlag mit deinem Buch umsetzen möchte. Meistens hast du es in Verlagen mehr mit Projektmanagern als mit Lektoren zu tun. Es gibt sie zwar noch, die Lektoren und Redakteure in den Verlagen, die sich intensiv mit einem Manuskript befassen, aber sie sind eine aussterbende Spezies. Und selbst wenn dein Manuskript den Weg zu einem Verlagslektor findet, ist das Lektorat nur eine von seinen Aufgaben. Nicht zuletzt deswegen machen sich immer mehr Lektoren selbstständig und bündeln ihre Kompetenzen in Vereinen wie dem VfLL – dem Verband freier Lektorinnen und Lektoren.
Lektorat = intensiver Dialog
Ein Lektorat ist jedoch mehr als nur eine simple Abschlusskontrolle, wie jeder Autor, der seinem Text schon einmal ein Lektorat gegönnt hat, feststellen durfte. Denn der Text kommt in deutlich anderer Form zurück, als er abgegeben wurde. Jedenfalls wenn der Lektor sein Metier beherrscht. Auch an einem bereits hervorragenden Text fallen einem guten Lektor noch Passagen, Ausdrücke und Wendungen in der Geschichte auf, aus denen du mehr herausholen kannst. Ein Lektorat ist so gesehen ein Dialog zwischen Autor und Lektor. Die Rolle des Lektors reicht dabei von Sparringspartner bis Mentor, er entdeckt inhaltliche Lücken, Widersprüche, Passagen mit weiterem Erklärungsbedarf und gibt konstruktives Feedback zum Schleifen des Materials – je nach dem, was du mit ihm vereinbarst und in welcher Sparte er tätig ist. Von diesem Dialog profitiert dein Text maßgeblich. Als professioneller Leser geht der Lektor frisch und unvoreingenommen an den Text – mehr Objektivität geht bei kreativen Tätigkeiten nicht!
Wann bringt dir ein Lektorat nichts?
Wenn du allerdings von dir selbst und deinen Schreibkünsten absolut überzeugt bist und eigentlich kaum etwas an deinem Text ändern möchtest, weil du dir ja schließlich etwas dabei gedacht hast, solltest du lieber die Finger von einem Lektorat lassen. Damit setzt du dich nämlich immer auch der Gefahr der (konstruktiven) Kritik aus. Wer nur Anerkennung und Lob für seinen Wunderwerk von Text erhalten möchte, ist also beim Lektorat falsch. Das ist mehr ein Service für Menschen, die sich und ihre Fähigkeiten verbessern wollen und das volle Potenzial ihres Textes ausschöpfen wollen. Auch diejenigen, die nicht den Aufwand eines Lektorats zu schätzen wissen, sind mit dieser Leistung schlecht beraten. Wer hier sparen möchte, spart am falschen Ende
Was ist ein Lektorat nicht?
Mal schnell über den Text drüberlesen.
Das Gleiche wie ein Probe- oder Testlesen mit Feedback.
Ein Allheilmittel für schlechte Texte.
Eine Art Schreibergänzung für bequeme Autoren.
Eine allumfassende Kontrolle, nach der sich nicht ein Fehler mehr in deinem Text befindet.
Es nicht möglich, ALLE Fehler in einem Text in einem Durchgang zu finden. Daher achte bei der Absprache und Auftragsvergabe genau darauf, auf welche Aspekte das Lektorat sich konzentrieren soll. Je nach Ziel und Umfang des Lektorats können dabei mehrere Durchgänge vereinbart werden, sodass die Fehlerquote hinterher deutlich geringer ausfällt. Aber bitte erwarte nicht, dass alle kleinen Buchstabendreher behoben wurden, nirgendwo mehr ein Wort zu viel oder zu wenig steht oder alle Punkte am richtigen Fleck stehen. Für eine maximale Fehlerfreiheit sind in der Regel drei bis vier verschiedene Personen nötig, die den Text professionell durchsehen, dich als Autor eingeschlossen.
Was kannst du realistisch von einem Lektorat erwarten?
Ein Lektor …
geht mit dir Ziel des Buches, anvisierte Leserschaft und Ausrichtung des Buches durch. Immer eine gute Möglichkeit, diese Punkte zu reflektieren.
gibt Verbesserungsvorschläge, wie du deinen Schreibstil klarer, präziser oder lebendiger gestalten kannst. Oder wie du den Ton des Textes an die Zielgruppe anpasst.
gibt Feedback zu wiederholten Stilfehlern und erklärt diese, um zukünftige Fehler zu vermeiden.
berät zur Verwendung von rhetorischen Mitteln, um die Lesbarkeit des Textes zu verbessern. Er schlägt geeignete Metaphern, Bilder und Vergleiche vor, die trockene Theorie präzise und unterhaltend veranschaulichen können.
macht Anmerkungen zur Struktur des Textes, um den Lesefluss und die Kohärenz des Textes zu verbessern. Z. B. den Satzrhythmus anpassen: Wenn alle Sätze dieselbe Stellung, Länge und Struktur aufweisen, ist das schnell ermüdend, deswegen sind beim Satzrhythmus Vielseitigkeit und Abwechslung gefragt. Aber auch das Vereinfachen und Entwirren von Schachtelsätzen zählt dazu, ebenso wie die Kontrolle, dass Stil und Ansprache des Lesers einheitlich bleiben – wenn du die Leserschaft siezen willst, solltest du das auch im gesamten Text durchziehen.
Fazit
Zusammenfassend geht es beim Lektorat um eine Textverbesserung durch Korrektur sowie Fragen und Feedback zum Text. Das kann je nach Absprache und Umfang verschiedene Bereiche umfassen. Ein Korrektorat korrigiert nur vorhandenen Text und ein stilistisches Lektorat befasst sich vorrangig mit Stil und Ausdruck desselben. Immer geht es aber um die richtige Ansprache deiner Leser, bestmögliche Unterhaltung (auch bei Sachtexten!) und wirkungsvolle Kommunikation. Und darauf müssen du dich letztendlich einlassen können, sonst ist jegliche Mühe vergebens.
Wenn du deinem Buch jetzt auf jeden Fall ein Lektorat gönnen möchtest, bin ich nur einen Button entfernt: