Der Motor guter Fachbücher

Wie deine Leser dein Buch nicht mehr aus der Hand legen

 

Liebe (angehende) Fachbuchautoren, wenn Leser mittendrin die Leselust verlieren, gleicht das einer Autopanne im Nirgendwo. Die Ursache ist in beiden Fällen dieselbe: Der Motor hat den Geist aufgegeben. Wie kriegen wir ihn also wieder zum Laufen, um unsere Leser ans Ziel – die letzte Seite – zu bringen?

 

Was ist der Motor eines Buches?

Bei Motoren denken wir an Maschinen, Geräte und Transportmittel – Was hat ein Motor also in einem Buch zu suchen? Der Motor in Büchern ist die Frage, die sich die Leser unablässig stellen, deren Antwort auf sich warten lässt und aufgrund der die Leser weiterlesen. Diese Frage bringt die Geschichte voran, lässt die Figuren weitermachen und hält die Leser somit bei der Stange. Es sind Fragen wie: Was verbirgt sich hinter dieser geheimnisvollen Tür? Wo befindet sich der Schatz? Wer hat das Opfer getötet?

An dieser Stelle wendest du womöglich ein: Ich schreibe aber ein Sachbuch und keinen Roman, es gibt bei mir keinen Schatz, keinen Mörder und keine geheimnisvolle Tür. Und damit hast du vollkommen recht. Trotzdem brauchen auch Fach- und Sachbücher einen Motor, je umfassender sie sind, umso mehr. Schließlich sollen auch deine Leser ans Ziel kommen und nicht im Nirgendwo der Ahnungslosigkeit liegen bleiben. Was für einen Motor besitzen also Fach- und Sachbücher? Welche Frage stellen sich die Leser hier?

 

Was ist der Motor eines Fachbuches?

Die Leser haben dein Buch gekauft, weil sie das Thema interessiert oder die Hoffnung hegen, wichtige Informationen aus dem Buch zu erhalten. Der Motor ist scheinbar die Informationsquelle, der einzelne Zylinderkolben die Erkenntnis, der Treibstoff das Verständnis. Wenn dein Thema einen Kunden im Buchgeschäft nicht berührt, interessiert oder er aus anderen Gründen mehr darüber erfahren will, wird er dein Buch kaum in die Hand nehmen. Der elementare Motor eines jeden Fachbuchs ist also das Wissen. So weit, so gut. Das ist aber nur der Motor, der die Ereignisse in Gang setzt, also die übergeordnete Frage, weswegen die Leser zum Buch greifen – vergleichbar mit der grundsätzlichen Frage jedes Thrillers „Werden die Ermittler den Mörder rechtzeitig schnappen?“.

Diese Frage allein bringt die Leser nicht bis ans Ende des Buches oder anders gesagt: Nur mit dieser Frage allein hältst du die Leser nicht bei der Stange, du brauchst auf dem Weg immer wieder kleine Motoren, die das übernehmen. Diese müssen nicht das gesamte Buch über halten, sondern nur für eine Phase oder sogar nur ein Kapitel. Anstatt also alles auf einmal bis ins kleinste Detail zu erklären, strukturiere deine Inhalte (Tipps findest du hier: Timing ist alles), dosiere sie und streu in Erklärungen, Beschreibungen und Betrachtungen Fragen ein, die du im Anschluss oder an späterer Stelle beantworten kannst, z. B. im nächsten Kapitel. Oder lenke die Aufmerksamkeit der Leser gezielt auf diese Frage, um sie von Wissenshappen zu Wissenshappen zu leiten. Denn eine durch die Aussagen selbst aufkommende Anschlussfrage ist stets eine gute Überleitung.

Lass deine Leser mitdenken und Fragen aufkommen

Diese Fragen musst du nicht und solltest du auch nicht ständig direkt aufführen. In Kinderbüchern ist das sicherlich in Ordnung, den Lesern derart unter die Arme zu greifen. Bedenke: Im Gedächtnis bleiben uns vor allem die Bücher, die uns inspirieren und zu eigenen Gedanken anregen. Das geschieht nur, wenn die Leser mitdenken, während sie lesen. Wenn du ihnen sämtlichen Stoff vorkaust und ihnen permanent sagst, welche Fragen sie sich selbst stellen sollen, schalten sie bald ab und ihr Lese-Engagement sinkt auf Null. Der Trick liegt folglich darin, Fragen aufzuwerfen, ohne sie anzusprechen.

So kannst du in Feststellungen oder bei Tatsachen die entscheidende Details offen lassen, indem du den Fokus zunächst nur auf einen einzelnen Aspekt legst, anstatt von vornherein das große Ganze zu betrachten, oder Fakten zurückhalten, sodass sich die Frage für den Leser als natürliche Folge ergibt. Wenn du beispielsweise die Funktionsweise eines Prinzips beschreibst, wird sich der Leser automatisch fragen, wie es um dessen Auswirkungen bestellt ist. Mach dir bewusst, welchen Aspekt du an welcher Stelle beleuchtest und welche Anschlussfragen sich daraus ergeben. Richte die Passage anschließend auf diese Fragen aus.

 

Rückwärts schreiben

Dafür ist es notwendig auf die offene Frage oder das entscheidende Detail hinzuarbeiten, pardon, hinzuschreiben und sie nicht im Text untergehen zu lassen. Es folgt dem Prinzip „Jede Antwort wirft neue Fragen auf“ und erzeugt eine Art Cliffhanger am Ende eines Kapitels oder eines Absatzes. Dadurch kann der Leser gar nicht aufhören zu lesen. Es erfordert zu Beginn ein wenig Übung, eine Passage auf eine offene Frage auszurichten, doch wenn du dir zur Gewohnheit machst, eine Passage vom (offenen) Ende rückwärts zu planen, werden sich deine Kapitel nahtlos aneinanderreihen. Ohnehin solltest du darauf achten, welchen Details du wo Gewicht verleihst und dein Buch entsprechend strukturieren, anstatt Fakten hintereinander monoton runterzurattern. Ein guter erster Ansatz für eine solche Rückwärtsplanung sind die Fragen nach relevanten Akteuren und deren Zielen sowie Auswirkungen und Hindernissen dabei:

Wer macht was wie, wen oder was betrifft das und welche Probleme (oder eben Aspekte) ergeben sich daraus?

Sind diese Umstände geklärt, kristallisiert sich der entscheidende Knackpunkt heraus. Jetzt der Kniff: Während das Wer und das Was am Anfang einer Passage geklärt werden muss, ergibt sich der Knackpunkt im Textverlauf und führt zur entscheidenden Frage am Ende. Sei hier ruhig mal geizig und gib den Lesern nur so viel preis, wie es das Verständnis an dieser Stelle benötigt. Sollte sich dein Thema oder dein Ansatz nicht in der Form der obigen Frageformel erschließen lassen, lassen sich andere Schlüsselfragen ableiten. Zum Beispiel:

Welche Folgen ergeben sich daraus?
Wie lässt sich das ändern?
Wie profitieren die Leser davon?
Wie können die Leser das nutzen?

 

Nutze zusätzliche kleine Motoren

Halten wir noch mal fest: Du brauchst für dein Fachbuch mehr als eine übergeordnete Frage, um die Leser durchs Buch zu tragen, sondern wir müssen gerade in der Mitte immer wieder neue kleine Motoren erzeugen. Diese Mini-Motoren können auch Erzählungen und Anekdoten im Text sein, echte oder fiktionale Geschichten zur Unterhaltung, die sich in die fachliche Abhandlung einweben und/oder die Lektionen vermitteln. Das erhöht die Anschaulichkeit und macht abstrakte Inhalte greifbar, aber weckt vor allem auch Neugier der Leser – sie wollen die Pointe erfahren und legen das Buch solange nicht weg, bis sie sie erreicht haben. Auch hier lohnt es sich nach Wer, Was und Wie zu fragen. So lassen sich relevante Akteure identifizieren, die in einer solchen Geschichte auftreten können, die ihr Anschaulichkeit und Authentizität verleihen. So kannst du Spannungsbögen von Kapitel zu Kapitel oder innerhalb eines Kapitels gestalten.

 

Fazit

Der Motor eines jeden Fach- und Sachbuches ist Wissen. Unser Wissen, das wir den Lesern vermitteln wollen. Um diese Vermittlung und die Lektüre für beide Seiten erfolgreich zu gestalten, brauchen wir immer wieder Motoren in Form von Fragen, die unsere Leser antreiben, weiter und zu Ende zu lesen. Strukturiere deine Kapitel so, dass sich aus den Schilderungen intuitiv eine Frage ergibt, wie es weitergeht. Dosiere Infos zu einem Aspekt und schließe Passagen mit offenen Fragen ab. Implizite sowie explizite offene Fragen. Identifiziere dafür die Knackpunkt der Aspekte und leite daraus Schlüsselfragen ab, die sich der Leser stellen soll und schreib deinen Text auf diese Schlüsselfragen hin. Würze dein Buch aber auch mit unterhaltsamen Geschichten, deren Pointe und die Frage nach dem Ausgang deine Leser ebenfalls antreibt.

Und wenn du Unterstützung bei deinem Fachbuch brauchst, bin ich nur einen Button entfernt:

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