Kreative Schreibprozesse effizient gestalten
Kreatives Schreiben in 3 Phasen
Liebe (angehende) Fachbuchautoren, das mit den guten Ideen ist so eine Sache. Manchmal haben wir fünf auf einmal und kommen mit dem Notieren kaum hinterher, wir bräuchten eigentlich vier Arme. Oft genug aber fällt uns nichts ein und wir drehen uns im Kreis. Besonders auf Knopfdruck will das mit der Kreativität im hektischen Alltag nicht funktionieren. Eine Methode, wie wir sie doch hinter dem Ofen hervorlocken, schauen wir uns in diesem Beitrag an: die 3-Phasen-Methode für kreatives Schreiben.
Kreativität ist ein Schmetterling – Wie fängst du ihn ein?
Wie oft stecktest du schon fest, als du einen Vorgang in deinem Buch veranschaulichen wolltest? Wie oft hast du dich schon gefragt, welche Metapher oder welcher Vergleich an dieser Stelle jetzt passend wäre? Und wie oft hast du deinen Text gelesen und dir gedacht, dass da noch etwas fehlt, aber du nicht wusstest, was?
Bestimmt schon oft genug.
Die schlechte Nachricht: Kreativität lässt sich nur schwer in ein zeitliches Korsett zwingen. Nur weil du dir vornimmst, in der nächsten Stunde eine aussagekräftige Idee zu entwickeln, heißt das nicht, dass dir das auch gelingt. Und wenn du auch den Stift aufisst und in die Tischkante beißt. Die gute Nachricht: Du kannst deine Wochen- und Tagesplanung so anlegen, dass sie die Ideenfindung begünstigt. Denn Kreativität ist durchaus planbar – oder zumindest der Raum für Kreativität. Um im Managementjargon zu bleiben: Man kann Ideen nicht terminieren, aber Zeit für kreative Entfaltung im Kalender blocken. Der Trick besteht also zunächst darin, in kreativen Prozessen und Phasen fürs Schreiben zu denken. Genauer gesagt in drei Phasen.
Phase 1: Inspiration
Einer meiner Lehrer sagte immer: „Von nichts kommt nichts.“ Während er das aufs Lernen bezog und meinte, dass man für den eigenen Erfolg etwas tun müsse, hat dieser Spruch für mich eine weitere Ebene: Nichts entsteht im luftleeren Raum, es braucht stets einen ersten Anstoß und der kommt meist von außen. Es ist äußerst schwierig, aus sich selbst heraus etwas völlig Neues und noch nie Dagewesenes zu entwickeln. Vielmehr stützt sich sämtliches kulturelles und wissenschaftliches Schaffen von heute auf das Schaffen vorheriger Künstler und Forscher. Es wird weiterentwickelt, verworfen, überholt und in Vergessenheit geratene Ideen wieder hervorgeholt und in einem neuen Licht betrachtet. Um auf neue Ideen zu kommen, braucht es also einen Reiz oder einen Anstoß von etwas, das schon da ist. Wer allein im Zimmer die berüchtigte Raufasertapete anstarrt, wartet vergeblich auf die Muse.
Genau deswegen solltest du dir in der ersten Phase Zeit ausschließlich zum Ideen sammeln nehmen. Für neue Ideen und Erkenntnisse braucht es frischen Input und anregende Eindrücke. Der entscheidende Punkt: Beschränke dich aufs Sammeln und Festhalten. Es mag vor allem den Ergebnisorientierten unter uns schwerfallen, nicht jede Idee direkt weiterzuverfolgen, sondern erstmal zu horten und sacken zu lassen. Aber genau darauf kommt es hier an. Unser Verstand öffnet seine Tore für jede Art von Inspiration von außen. Und diese Tore müssen offen bleiben, solange wir sammeln wollen. Es gibt hier keine Grenze, keine Kriterien, wann etwas fertig ist. Und das ist in Ordnung, denn hier geht es noch nicht darum, etwas abzuschließen. Deswegen solltest du dir regelmäßig zeitlich überschaubare Räume dafür einrichten, um dich für frischen Input zu öffnen. Halte deinen Kopf frei dafür. Das bedeutet, dass direkt nach der Arbeit oder während des Nachmittagstiefs nicht die besten Zeitpunkte für diese Phase sind.
Phase 2: Ideen sortieren, selektieren und ausarbeiten
Im Gegensatz zur allgemeinen Auffassung vom kreativen Arbeiten, ist es damit noch nicht getan, es geht vielmehr jetzt erst los. In der zweiten Phase geht es darum, deine Notizen und Ideensammlungen durchzuschauen. Eine Idee auszuarbeiten, bedeutet, deine mentalen Tore zu schließen, um das Gesammelte zu begutachten, zu sortieren und zu verarbeiten. Dieser zweite Blick mit zeitlichem Abstand ist wertvoll, da du neue Perspektiven und Assoziationen zu der ersten Idee entwickelst, die dir beim Ursprungsgedanken nicht in den Sinn kamen. Womöglich sortierst du aber auch eine Textskizze aus, die du beim ersten Mal großartig fandest. Vielleicht weil du zuvor unerkannte Hürden oder Einschränkungen entdeckst, vielleicht aber auch weil der Nutzen des Geschriebenen doch nicht so umfassend ist, wie du zunächst dachtest.
Genauso kann es aber auch umgekehrt sein: Ein zunächst nur nebensächlicher Aspekt oder eine Randnotiz entfalten beim zweiten Blick eine größere Wirkung, lassen sich leichter umsetzen oder offenbaren einen ganz praktischen Nutzen für deine Zielgruppe. Allein um dieses Potenzial zu entdecken, lohnt sich schon dieser zeitlich verzögerte Ausarbeitungsschritt.
Phase 3: Geschriebenes überprüfen
Ist dein Text in der ersten Version fertig, gib ihm erstmal ein wenig Zeit. Je nach Umfang solltest du ihn mal zwei Tage oder zwei Wochen liegen lassen und dich mit anderen Dingen beschäftigen. Geh in den Garten oder in die Sauna, entspann dich oder lies einfach mal etwas ganz anderes. Hauptsache, du denkst in der Zeit nicht an deinen Text. Anschließend kannst du ihn dir wieder zur Brust nehmen. Lies zunächst nur drüber und setz dir Marker oder Kommentare an die Stellen, an denen du noch mal tiefer einsteigen willst. Liste die Punkte anschließend auf, um den Überblick zu behalten. Das Abhaken der Punkte macht außerdem bei der Überarbeitung ein gutes Gefühl. Wenn du ein ganzes Paper oder Buch überprüfen willst, setz dir unbedingt zeitliche Grenzen und Schwerpunkte, damit der Überarbeitungsprozess nicht ausufert, sondern überschaubar bleibt. Soll heißen, portioniere die Überarbeitung in mehrere Schritte. Denn für eines kann ich dir Brief und Siegel geben: Oft kommen wir bei der Überarbeitung vom Hundertsten ins Tausende und verbeißen uns regelrecht in den Text. Das führt oft zu Verschlimmbesserungen und Frustration. Vor allem verlierst du den Überblick.
Meine persönliche Erfahrung beim kreativen Schreiben
Ich bin auf diese Methode nicht bei der Arbeit gestoßen, sondern entdeckte sie bereits als Student für mich, genauer beim Musik machen und Songs schreiben. Denn ich stellte fest, dass ich über ein Jahr hinweg einem interessanten Rhythmus im Tanz mit meiner Muse folgte: Im Frühjahr und im Sommer sammelte ich Ideen, Reime oder Songzeilen oder ich notierte prägende Erlebnisse, aber ich verwertete sie noch nicht. Ich hortete nur.
Im Herbst dann kehrte in meinem Rhythmus Ruhe ein und es begann die Verarbeitungsphase. Sämtliche Notizen durchliefen eine Art Filterprozess und wurden wie Bilder an einer Wand noch mal neu angeordnet. Dabei entstanden die ganze Zeit neue Verknüpfungen, manche verwarf ich, andere verfolgte ich weiter. So geschah es sich jährlich wiederholend, dass ich innerhalb von zwei Wochen vier bis sechs neue Songs geschrieben hatte, ohne dass ich mir das vorgenommen hätte. Es floss einfach aus mir heraus. Es war stets ein aufregender Prozess, dieses Entstehen und Vergehen, wie ein kleiner Höhenrausch oder der kleine Kick vom ersten Bier auf einer Radtour. Es ist ein Moment, in dem alles möglich scheint.
Über den Winter feilte ich weiter an den Songs, ergänzte oder strich Teile. Als Nächstes zeigte ich sie meinen Bandkollegen und -kolleginnen, wir passten sie an die Instrumentierung an und probten sie. Und im Frühjahr konnten wir mit neuen Songs auftreten. So eignete ich mir diese Methode ganz natürlich an und übertrug sie später auf mein berufliches Schreiben.
Fazit
Ideen lassen sich nicht erzwingen, Kreativität braucht Raum zum Atmen und neue Ideen einen Strom von frischem Input, auf dem sie schwimmen können. Daher solltest du in drei Schritten vorgehen und diese klar voneinander trennen und dazwischen Zeit verstreichen lassen: Sammeln, ausarbeiten und redigieren. Gehe dabei stets strukturiert vor und blocke dir regelmäßig Zeitfenster in deinem Kalender für die verschiedenen Phasen, um kontinuierlich voranzukommen.
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