Die wichtigsten Kommaregeln für Fachbuchautoren (I)

Praktische Komma-Basics für Eilige

Liebe (angehende) Fachbuchautoren, wie viele von euch sind schon im Komma-Dickicht verloren gegangen? Mit diesem und dem nächsten Beitrag möchte ich euch die nötige Machete an die Hand geben, damit ihr euch in Zukunft durch dieses Dickicht den Weg frei schlagen könnt. Schwung holen und los geht’s!

 

Kein praktischer Nutzen: das rhetorische Prinzip

Vielleicht hast du in der Schule ebenfalls folgende Faustregel gelernt: Ein Komma setzt du, wenn du beim Sprechen eine Pause machen würdest. Diese Idee nannte sich rhetorisches Prinzip und war stark an der mündlichen Sprechweise orientiert. Das Prinzip sollte vielen Beamten eine einfache und praktische Handhabe im Alltag ermöglichen, führte aber zu mehr Verwirrung, da jeder die Pausen an anderer Stelle setzte. Nämlich an die Stellen, an denen er beim Sprechen ein Pause machte, und das variiert von Sprecher zu Sprecher. Deswegen hat sich die Dudenredaktion schon lange von dem rhetorischen Prinzip verabschiedet und einheitliche Kommaregeln eingeführt.

Allerdings ist es inzwischen ein ganzes System aus Regeln, das ähnlich komplex wie die deutsche Sprache im Allgemeinen ist. Daher herrscht eine große Unsicherheit bei vielen Schreibenden, in der Schule werden Kommafehler nicht bewertet (auch weil die Lehrer es oft selbst nicht richtig wissen) und Kommas im Schriftalltag mehr nach Gutglauben als nach wirklichem Wissen gesetzt. Dabei ist der Sinn der Kommasetzung grundlegend simpel: Es gilt, Sinneinheiten, Satzglieder und Handlungen voneinander zu trennen und damit die Zuordnung zu erleichtern, welches Wort noch zu welcher Phrase im Satz gehört. Kommas dienen also der Eindeutigkeit und Übersichtlichkeit. Diesen Punkt solltest du im Zweifel immer im Hinterkopf haben, wenn du unsicher bist, ob du ein Komma einfügst oder nicht.

Wir wollen es aber nicht bei der Intuition belassen, deswegen folgt nun eine Übersicht mit Beispielen:

 

Basics I: Wann steht auf jeden Fall ein Komma?

Bei Aufzählungen.

Wir brauchen Zwiebeln, Knoblauch, Olivenöl, Salz und Pfeffer.
(Die Erklärung, warum vor dem und kein Komma steht, folgt weiter unten.)

 

Bei Konjunktionen, die eine gegensätzliche Ansicht ausdrücken:

aber, (je)doch, allerdings, sondern, andererseits.

Sie fühlte sich schwach, aber sie war am Leben.
Er roch nichts, allerdings war seine Nase auch nicht die beste.
Alligatoren leben nicht in Afrika wie Krokodile, sondern sind auf dem amerikanischen Kontinent zuhause.

 

Bei nachgestellten Attributen und Zusätzen.

So lag sie da, friedlich und unschuldig.
Das ist Sabrina, meine Schwester.

Geht der Satz nach dem Attribut oder Zusatz weiter, kommt auch ans Ende des Attributs oder Zusatzes ein Komma.

Robbie Williams, einst Teeniestar und Mädchenschwarm, geht inzwischen auf die 50 zu.

 

Bei Datums, Wohnungs- und Literaturangaben.

Wir treffen uns am Freitag, den 15. März(,) um 20 Uhr in der Gaststätte „Zur goldenen Gans“.
Die Gaststätte befindet sich in Neuruppin, Gebrüder-Grimm-Straße 15.
ODER: Die Gaststätte befindet sich in der Gebrüder-Grimm-Straße 15, Neuruppin.
Nachzulesen ist das Rezept in Fontanes Kochbuch, Band 3, S. 18.

 

Bei mehrteiligen Sätzen

Wenn es mehr als ein gebeugtes (finites) Verb gibt, trennt das Komma zwei oder mehrere Handlungen oder Aussagen über etwas voneinander. Zwei Handlung? Ja, genau, jedes Verb ist der Kern einer Handlung, die durch ein (Teil-)Satz ausgedrückt wird. Enthält ein Satz mehr als ein gebeugtes (finites) Verb, enthält er automatisch mehr als eine Handlung und bedarf mindestens eines Kommas. (Was ist ein gebeugtes [finites] Verb? – Siehe weiter unten.)

Sie streckt sich, während er sich herabbeugen muss.

So weit, so gut. Knifflig wird es, wenn ein Satz aus mehr als nur zwei Teilen, sondern aus vielen Zusätzen und Einschüben besteht.

Obwohl es sie Kraft kostet, streckt sie sich, während er sich herabbeugen muss, um das Einmachglas zu erreichen, das den selbstgemachten Honig enthält, den sie von ihren Nachbarn abgekauft haben.

Dieser Satz enthält sechs Teilsätze und sechs finite Verbformen. Diese Anzahl gibt an, wie viele Kommas mindestens in dem Satz stehen müssen. Die Rechnung: Sechs finite Verbformen = fünf Kommas und ein Punkt. Es müssen also mindestens fünf Kommas in diesem Satz stehen und tatsächlich: es stehen fünf Kommas. Leider machen sich viele angehende Fachbuchautoren bei mehrteiligen Sätzen das Leben unnötig schwer, indem sie sich in den Nebensätzen verschachteln. Hier hilft nur, für Ordnung zu sorgen, indem du alle eingeschobenen Nebensätze (Teilsätze, die ihren Bezugsteilsatz unterbrechen) voran oder hintenan stellst, sodass jeder Teilsatz in sich geschlossen ist. Das erleichtert generell den Überblick.

Beachte außerdem, dass in dem obigen Beispielsatz nicht alle auftretenden Verbformen gebeugt (finit) sind.

 

Wann ist ein Verb finit?

Wird die Grundform (Infinitiv) eines Verbs konjugiert, also an Person, Zahl, Zeitform, Aktivität und Modus angepasst, sprechen wir von einer gebeugten oder finiten Verbform.

Ihr schreibt – 2. Person, Plural, Präsens, Aktiv, Indikativ
Es wurde geschrieben – 3. Person, Singular, Präteritum, Passiv, Indikativ

Das zweite Beispiel hier ist eine mehrteilige Verbform, da sie aus einem gebeugten Hilfsverb (wurde) und einem Partizip (geschrieben) besteht. Auch abgekauft haben in dem mehrgliedrigen Beispielsatz oben ist eine mehrteilige Verbform. Entscheidend ist bei diesen beiden Beispielen, dass sie nur zusammen ihre Satzgliedfunktion erfüllen können. Anders ist das bei herabbeugen müssen aus dem obigen Beispielsatz: Müssen ist ein Modalverb, das die Bedeutung des Teilsatz verändert, und kein Hilfsverb, dadurch ist die Distanz zwischen beiden Verben größer. herabbeugen könnte hier auch allein als gebeugte Verbform stehen. Der entsprechende Teilsatz oben soll jedoch einen Zwang oder Pflicht ausdrücken, deswegen wird das Modalverb müssen verwendet. Das Modalverb übernimmt dabei die gebeugte (finite) Position des Vollverbes und das Vollverb wird in seine Grundform (Infinitiv) zurückversetzt.

Die Mechanismen der Bildung sind für dich unwichtig, was du aber als Faustregel mitnehmen kannst: Es kommt auf die gebeugten Verbformen an, denn sie vermitteln dir, wie viele Teilsätze es in einem mehrteiligen Satz gibt. Und wo ein Teilsatz zu Ende ist, da muss ein Komma, Punkt oder eine verbindende Konjunktion wie und, oder, bzw. stehen. Dazu gleich mehr.

Es gibt noch eine Ausnahme hierbei – Infinitive mit zu – denen wir uns im nächsten Beitrag genauer widmen werden.

 

Basics II: Wann ist KEIN Komma erforderlich?

Vor verbindenden Konjunktionen:

und, oder, beziehungsweise, entweder oder, weder noch, sowohl als auch. Dabei spielt es keine Rolle, ob lediglich einzelne Wörter, mehrteilige Wortgruppen oder ganze Satzteile miteinander verbunden werden.

Er sah sie unter dem Kirschbaum und verliebte sich auf den ersten Blick in sie.
Es spielt keine Rolle, ob wir gewinnen
oder verlieren.
Du musst
weder reich noch berühmt sein.
Es ist klar, dass
sowohl der Luftverkehr mit seinen Abgasen in den höheren Luftschichten als auch der Schiffverkehr mit seinem immensen Treibstoffverbrauch und seinen langen Routen die Entwicklung des Klimas beeinflussen.

Oben habe ich bei der Aufzählung eine Ausnahme beim letzten Aufzählungsglied gemacht. Dieses wurde mit und an die Aufzählungskette geknüpft, anstatt mit einem Komma. Die Dudenredaktion stellt es zwar frei, bei Aufzählungen vor und ein Komma zu setzen, aber ich rate davon ab. Der Hintergrund: Eindeutigkeit. Um bei Aufzählungen unterscheiden zu können, ob ein Wort oder eine Wortgruppe Teil der Aufzählung oder ein nachgestelltes Attribut ist, setze ich bei Aufzählungen vor und generell kein Komma. Sie folgender Satz:

Sabine, meine Schwester(,) und ich trafen uns in unserem Lieblingscafé.

Je nach dem, ob du das Komma setzt oder nicht, handelt es sich um zwei oder drei Personen in der Aufzählung. Wer in Aufzählungen generell Kommas vor ein und setzt, macht diese Unterscheidung unmöglich.

 

Bei Vergleichen und Beispielen mit den Konjunktionen wie & als

Er war stärker als ein Bär und schlau wie ein Fuchs.
Einschneidende Ereignisse
wie der Terroranschlag am 11. September 2001 haben die heutige Welt miterschaffen.

Aber: Leiten als und wie einen Nebensatz ein, DANN steht ein Komma vor ihnen.

Sie erschreckte sich zu Tode, als er hinter ihr das Zimmer betrat.

Er wusste nicht, wie er anders den Raum betreten sollte.

In diesen Sätzen ist als eine temporale (zeitliche) Konjunktion und wie  fungiert als Adverb. Das erkennst du inhaltlich daran, dass als die Vor-, Gleich- oder Nachzeitigkeit einer Handlung ausdrückt, also zeitliche Ebenen in Beziehung zueinander setzt. Und wie als Adverb beschreibt mit dem Nebensatz die Art und Weise einer Handlung. Auf inhaltlicher Ebene kannst du so gut unterscheiden, wie als und wie in deinem Satz verwendet werden. Mit dem Nebensatz kann jedoch auch ein Vergleich angestellt werden, sodass es hier manchmal zu Verwirrungen kommt

Sie war stärker, als jeder zunächst ahnte.

Du erkennst den Nebensatz und die Komma-Notwendigkeit daran, dass hier zwei gebeugte (finite) Verben auftreten: war und ahnte. Diese stehen für zwei verschiedene Handlungen, die durch das Komma getrennt werden.

 

Fazit

Die Kommasetzung im Deutschen ist wirklich kein Spaziergang im Park, aber mit ein paar Grundregeln kannst du die meisten Stolperfallen umgehen. Setze Kommas bei Aufzählungen, vor entgegengesetzten Konjunktionen wie aber, doch, allerdings und um verschiedene Handlungen zu trennen, die durch gebeugte (finite) Verbformen signalisiert werden. Setze außerdem ein Komma bei nachgestellten Attributen, die eine Eigenschaft oder einen Begriff näher beschreiben. Beachte, dass Nebensätze durch je ein Satzzeichen (Komma oder Punkt) am Anfang und am Ende eingefasst werden müssen. Es sei denn der Nebensatz steht am Satzanfang, dann fällt das beginnende Satzzeichen weg.

 

PS Im nächsten Beitrag geht es mit kniffligen Fällen und Ausnahmeerscheinungen bei der Kommasetzung weiter.

 

Wenn du jetzt den Kopf voller Fragen hast, bin ich nur einen Button entfernt:

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